Das Paradies der Steinpilze



Wie oft grüßen ihn hier früh morgens in aller Freundlichkeit ein, zwei Steinpilze. Der Wald döst noch im halb nächtlichen Grau, der Mann ist gerade erst dabei, seine Schritte und Gedanken für den heraufziehenden Tag zu ordnen...

...und plötzlich stehen auf dem Sand- und Lehmweg ein, zwei Pilzprotze stramm: der Bauch von wilhelminischer Prachtbeleibtheit, der Hut wie derb gepolstert. Welch eine Begegnung. Guten Morgen, Herr Sdun!

Sommersteinpiilze (Boletus aestivalis)! Von Ende Mai bis in den September hinein sind sie hier fast eine Wegwarte. Untrennbar scheinen sie mit dem Sand- und Lehmweg verbunden. Und das seit Jahrzehnten.


Foto: Da haut's einen doch glatt um: Dieter Sdun mit riesigen Steinpilzen im Staatsforst von Ziegelroda. An jenem Fundtag konnte er bei weitem nicht alles nach Hause tragen, was er an Steinpilzen vorfand.


Diese Verbundenheit hat Dieter Sdun aus Dornstedt bei Querfurt in Sachsen-Anhalt mit ihnen gemeinsam. Denn: »Dieser Weg ist das schönste Stück im riesigen Staatsforst von Ziegelroda. Ich liebe ihn über alles.

Seinen sandig-lehmigen Boden. Die Gehölze und Jungbäume auf der einen und die alten, ehrwürdigen Buchen und Eichen auf der anderen Seite. Und wenn dann hier und da auch noch eine Rotkappe aus den Rändern hervorflackert...«




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An seinem Lehmweg freut er sich wie ein Kind

Dann kann sich Dieter Sdun freuen wie ein Kind. Bei jedem Waldgang gibt er hier mit fast immer den gleichen Worten seine Liebeserklärung ab. Über seinen »Lehmweg«, wie er die vielleicht schönste Verbindung seines Lebens nennt, erreicht er seine Pilzreviere.

Allerdings, es war wohl 2005, brachen Monster herein. Schwere, stählerne Fressmaschinen. In wenigen Minuten vertilgten sie Bäume, die weit über 100 Lebensjahre für ihr würdevolles Aussehen gebraucht hatten. Und als ob das nicht schon genug gewesen wäre, rollten in ihrem Gefolge weitere Stahlgeschwister an.

Die gingen dem Lehmweg selbst an den Kragen. Genauer gesagt dem Grünstreifen linker Hand bergan. Genau dort wurde nämlich durch den »Naturpark Saale-Unstrut-Triasland«, wie er heißt, eine Erdgas-Pipeline gelegt. Ausgerechnet auf der Seite, die immer so zuverlässig die herrlichen Rotkappen hervorgebracht hatte.






Foto rechts: Ein Korb voller Steinpilze und Rotkappen: So kehrt Dieter Sdun oftmals aus seinen Pilzrevieren zurück. Einen Großteil der Pilze verschenkt der pensionierte Lehrer für Russisch und Sport in der Nachbarschaft.




Ewig lockt der Laubwald mit den uralten Eichen

Über diese trostlose Pforte, die mehr an ein Industrieareal erinnert, erreicht Dieter Sdun jetzt seine Pilzreviere in dem 8400 Hektar großen Staatsforst Ziegelroda. Der hat einen Laubbaumanteil von 83 Prozent, darunter 49(!) Prozent Eichen.

Dieter Sduns Reviere sind vor allem weitläufige Buchenhallen. In die starken Rotbuchenbestände mischen sich voller Selbstbewusstsein teils uralte Traubeneichen, Hainbuchen, Winterlinden, Feldahorn, Ebereschen und Birken. Fast alle sind sie starke, strotzende Bäume jenseits der 100 Jahre.

Dazu gibt es einen engen Weg, in dem die Lärchen zu beiden Seiten freundlichst paradieren. Und eine Eichenplantage mit 20, 25 Jahre alten Bäumen. Und, natürlich, eine Fichtenschonung. Und als Zugabe Graswege mit südwestlicher Sonne. Sie alle sind lockende und lohnenswerte Ziele. Das ist sein Revier. Um es genau zu sagen: Sein Leben.


Foto: Strammer Max unter einer Eiche: Seit vielen Jahren stößt Dieter Sdun in seinen Pilzrevieren auf solche Prachtexemplare. Hüte in dieser zerklüfteten, reliefartigen Form sieht man eher selten.


Auch in diesen ehrwürdigen Beständen haben die stählernen Fressmaschinen so manchen schönen alten Baum verschwinden lassen und die Ränder gelichtet. Alte Haudegen von Pilzsammlern wissen, wie das ist, wenn der Wald durch menschlichen Eingriff verändert wird. Stets wirft das die bange Frage auf, ob damit das Pilzmyzel nicht zerstört wird und in der Konsequenz die Pilze nicht ausbleiben.




Der »Dobernigl« gedeiht in diversen Milieus

Was hat er sich hier vor Pilzlasten schon lange Arme geholt. Denn es sind traumhafte Steinpilzwälder. Und das Charakteristische sind die völlig unterschiedlichen Milieus, in denen der Steinpilz sich hier auswachsen kann.



Foto rechts: Eine wahre Pracht! Dieter Sdun hat einmal mehr herrliche Ernte gemacht. Klar, dass er jeden einzelnen Pilz gründlich vorgeputzt in den Korb legt.




Es begann, manchmal schon Ende Mai, zuverlässig mit den Sommersteinpilzen an seinem Lehmweg. Hier wachsen sie immer mit den Birkenrotkappen um die Wette.

Boletus aestivalis, also der Sommersteinpilz, gedeiht nach seinem Eindruck gerne dort, wo sich alte, gestandene Hainbuchen unter Rotbuchen mischen. Manchmal ist auch eine Eiche mit im Spiel. Zwei Mal hat er an einer solchen Stelle auch den Bronzeröhrling (Boletus aereus) gefunden.

"Man sieht die großen Steinpilze schon aus zig Metern"


Boletus edulis, der Fichtensteinpilz, macht ihm an ganz unterschiedlichen Plätzen die Aufwartung. »Im Buchenhochwald sieht man die großen manchmal schon aus zig Metern Entfernung«, sagt Dieter Sdun. »Und dann muss man drum herum alles gut absuchen.« 30, 40 weitere hat er schon oft im näheren Umkreis gefunden. Manchmal gar über 60.

Dann ist da das Fichtenwäldchen. Herrenpilze aus der Monokultur also. Auch die gibt es für gewöhnlich üppig.



Foto links: Dieter Sdun mit Steinpilzen und einer Rotkappe an seinem Lieblingsweg. Das Gemisch aus Sand und Lehm im Zusammenspiel mit alten Rot- und Hainbuchen ist ideal für Röhrenpilze.




Angrenzend im Wäldchen der Jungeichen beginnt der Steinpilz ebenfalls Fuss zu fassen. Von hier aus marschiert Dieter Sdun weiter, immer durch den Hochwald, bis hin zu idyllischen Graswegen. Herrliche Exemplare findet er hier, manchmal mitten auf dem Weg.

»Wichtig für ein gutes Pilzjahr ist der Frühlingsregen«

Dieter Sdun ist pensionierter Mittelschullehrer. Das mag erklären, dass er sich mit Pilzaufkommen seit langem über das gewöhnliche Maß hinaus befasst. So hat er herausgefunden, dass ergiebiger, nicht zu kalter Dauerregen im zeitigen Frühjahr maßgeblich für gutes (Stein-)Pilzaufkommen im Herbst ist.

Es sind also nicht nur die tagesaktuellen Sommer- und Herbstschauer, die üblicherweise als einleitend für eine Pilzschwemme erachtet werden!

Und da haben es die Pilze im Staatsforst von Ziegelroda nicht ganz leicht. Denn dieser Wald liegt im Regenschatten des Harzes; er gehört zu den niederschlagsärmsten Wäldern Deutschlands überhaupt.




Foto links: Auch das ist Dieter Sdun: Freundlich zeigt er einem Mädchen aus der Nachbarschaft seinen stattlichen Fund. Die Kinder kommen oft angelaufen, wenn er mit seinem Auto aus dem Wald zurückkommt.




Richtig heiße Wochen begünstigen eine Steinpilzschwemme

Und Dieter Sdun hat noch etwas anderes herausgefunden: Wenn ergiebige warme Regenschauer auf mindestens zweiwöchige, besser noch länger anhaltende hochsommerliche Temperaturen - möglichst über 30 Grad - folgen, »explodiert« das Steinpilzaufkommen regelrecht.

Seit vier Jahrzehnten hält Dieter Sdun nach jedem Pilzgang jeden gefundenen Pilz protokollarisch fest. So hat er einen dokumentarischen Überblick zu Jahrzehnten Pilzaufkommen im Forst von Ziegelroda.


Am 9. Dezember fand er noch drei Steinpilze

Was wie ein schnöder Zeitvertreib anmutet, erweist sich bei näherem Hinsehen als aufschlussreiche Lektüre. So brachte das Pilzjahr 2000 mit späten(!) Frühjahrsschauern einen Rekordspätherbst.




Foto links: Auch eine Nachbarin ist herbeigekommen und bestaunt die Theke der Steinpilze. Dieter Sdun hat seine Lieblingspilze auf einem Bretterstapel ausgebreitet. Gleich wird er mit dem Putzen beginnen...




»Da habe ich vom 1. November bis zum 9. Dezember gut drei Zentner Steinpilze gefunden. Das Laub war runter von den Bäumen, kein Mensch war mehr im Wald. Die letzten drei Steinpilze fand ich noch am 9. Dezember. Diese Wochen waren ein einziges Fest. Viele Pilze habe ich verschenkt, den Rest getrocknet. Es war ein kurioses, ein unvergessliches Jahr.«

Ihm gegenüber fiel die Pilzernte der vergangenen Jahre dürftig aus. Die extreme Trockenheit scheint mehr und mehr zum Dauerthema für den Staatsforst Ziegelroda zu werden. Und der Eingriff mit den schweren Maschinen, den so genannten Vollerntern, war gewiss nicht förderlich für das Wachstum seiner geliebten Steinpilze.



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