Die Boehmische Trueffel: Auf den
Spuren eines hoch edlen Würzpilzes


Die Boehmische Trueffel ist in der Spitzen-Gastronomie ein Hit

Eine Ernte-Reportage aus den Haldenwäldern der Niederlausitz



Senftenberg, den 5. August 2011

Der Fahrtwind auf dem Rexy-Roller pfeift Frank erfrischend um die Nase. Denn die Niederlausitz im südlichen Brandenburg ist eine einzige Sauna. 30 Grad im Schatten, eine Luft zum Schneiden, so drückend schwül. Weit geht es hinaus in Richtung der endlosen Braunkohlehalden. Vor einem Verbotsschild macht Frank schließlich Halt, stellt den Roller ab.


Foto: Finderstolz und Vorfreude: Frank mit seiner köstlichen Tagesausbeute. Die begehrten Böhmischen Trüffeln füllen fast einen kleinen Spankorb. Es ist dies der Lohn für jahrelange Gänge in die Pilze mit dem nie versiegenden Drang, stets nach dem Rechten zu sehen.


„Wir müssen jetzt noch eine gute halbe Stunde marschieren.“ Endlos zieht sich die Schotterstraße in der brütenden Hitze. Linker Hand geht es 20, 30 Meter in die Tiefe; ein länglicher Riesenkrater, den die Schaufelräder der Kohlebagger in die einstige Heidelandschaft gefressen haben.

Am Rand solcher Krater wurde zwischen 1975 und 1990 mit der Gemeinen Kiefer aufgeforstet. „Bergbaufolgelandschaft“ nennt die Bürokratie Areale dieser Art. „Kippenwälder“ oder „Haldenwälder“ sagen die Menschen in der Stadt.





Hier geht's zu einer Reportage in Bildern über die Suche der Böhmischen Trüffel im sächsischen Neuseenland





„Heute ist genau der richtige Tag für die Böhmische Trüffel“

Hier stehen die Kiefern so gut ausgerichtet wie einst die Soldaten vom Alten Fritz. Stramm in Reih' und Glied, immer schön zwei Meter Abstand halten. Tief in dieser Formation der Nadelbäume hebt Frank plötzlich den Arm, flüstert geheimnisvoll: „Hier müssen sie sein.“

Und wie aus dem Nichts sind sie da. Wie goldene Eier drücken sie aus der dunklen Erde heraus, mal gut, dann wieder nur schwer sichtbar. Hier einer, dort einer, da hinten zwei, „und kuck mal da...“ Donnerwetter, das scheint genau der richtige Tag zu sein.


Foto: So sehen sie aus: Die Boehmische Trueffel alias Schiefertrüffel alias Erbsenstreuling erinnert stark an Kartoffeln. Wenn sie aus der Erde kommen, muss man genau hinsehen, um sie vom Kartoffelbovist zu unterscheiden. Die Pilze färben sich schnell schwarz, was keinerlei Qualitätsverlust bedeutet. Im Kühlschrank sind sie bis zu zwei Wochen haltbar. Spätestens dann müssen sie gebraten - oder getrocknet werden.





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Ein Kilo Schiefertrüffeln kostet gut 200 Euro

Boehmische Trueffel und Schiefertrüffel, so hat sie der Volksmund vor langer Zeit getauft. Der pilzkundliche deutsche Name lautet Gemeiner Erbsenstreuling (Pisolithus arhizus). Genau genommen ist er weder Trüffel noch Streuling, sondern ist - wer will's glauben? - mit dem Steinpilz verwandt. Der Erbsenstreuling zählt zu den Röhrenpilzen (Boletales).

Erbsenstreuling, das klingt so putzig wie simpel. Der Name lässt kaum vermuten, welche Preise dieser Pilz auf dem Markt inzwischen erzielt: 200 und mehr Euro kostet das Kilogramm. Und so erstaunt es, wie gelassen Frank nun seine Umhängetasche abstellt und meint: „Leg man deine Kameratasche dazu, die brauchen wir ja jetzt nicht. Unser Zeugs und die Pilze lassen wir hier erstmal stehen.“

Dass wir bald darauf 200, 300 Meter entfernt sind, kümmert ihn herzlich wenig. Beruhigend sagt er: „Nur keine Bange, hierhin kommt sowieso keiner.“

Fast will es scheinen, die Boehmische Trueffel würde mit den Steinpilzen um die Wette wachsen. Denn es sind so manches Mal wahre Prachtexemplare von Steinpilzen, die den Pilzsammler Frank erst auf den Pfad der Schiefertrüffeln führen.

Mal prangen sie im rein goldenen Farbton, dann sind sie dunkelbraun bis tiefschwarz gefleckt. „Sie sind dieses Jahr generell heller als sonst. All die Jahre ist ihre Farbe mehr ins Braune gegangen.“


Foto: Liegt da wie ein Vogelei und erinnert an einen Kartoffelbovist. Oder an einen im Flusswasser rundgewaschenen Stein? Soviel steht fest: Es ist eine Böhmische Trüffel in Kiefernstreu.



„Der Erbsenstreuling ist ein sehr launischer Pilz“

Frank nimmt eine der Trüffeln hoch und zeigt sie von unten: „Hier kann man gut erkennen, dass die Boehmische Trueffel einen gelbbraunen Stielansatz hat. An dieser Stelle lässt sie sich leicht herausdrehen.“

Im übrigen hätten wir heute wirklich großes Glück: „Zum einen, weil wir genau den richtigen Tag erwischt haben. Denn sie sind pro Schub nur zwei, drei Tage da. Vor allem aber ist die Boehmische Trueffel ein ausgesprochen launischer Pilz. Manchmal will sie zwei, drei Jahre gar nicht kommen.“

Nur ganz wenige der Pilze sind schon nicht mehr brauchbar. Man erkennt dies an schwarzen Fraßöchern. Wenn man einen solchen Pilz aufschneidet, krabbeln Minikäferchen aus feinsten Höhlengängen zum Licht.


Foto: Ein eher seltener Anblick ist eine Böhmische Trüffel im Moos. Von der Tagesausbeute hatte nur eine einzige diesen Standort.


Marmorierte Schnittfläche mit markantem Farbmuster

Frank schneidet nun einen Pilz im besten Zustand auf. Wie marmoriert schimmert die Schnittfläche. Sie ist gekammert, das heißt: sie zeigt im Querschnitt bis zu erbsengroße Körperchen mit der markanten Färbung Weißgelb, Rotbraun, Nachtblau und Tiefschwarz. Die teilweise erbsenförmige Struktur gab dem Pilz seinen Namen: Erbsenstreuling.

Dass diese Rarität heute in mancher Quelle als „nicht essbar“ oder mit dem Siegel „kein Speisepilz“ entwertet wird, ist barer Unsinn. „Das ist ein Pilz!“, stellt Frank klar. Man kann das Ausrufezeichen beinahe greifen. Keine Frage, die Boehmische Trueffel oder Schiefertrüffel ist ein Würzpilz der Extraklasse.


Foto: Erbsenstreuling im Querschnitt: Das gekammerte Muster in den typischen Farben, Gelbweiß, Rotbraun und Nachtblau bis Schwarz ist ein prägnantes Erkennungsmerkmal.



Pilz-König Edmund Michael adelte die Boehmische Trueffel

Aber nicht nur das! „Anfangs habe ich sie auch nur als Würzpilz eingesetzt. Aber seit ich einen Bericht über die Verwendung dieses Pilzes auch als Bratpilz in der gehobenen und in der Spitzengastronomie las, brate auch ich ihn.“ Scharf anbraten, Pfeffer, Salz - fertig ist die Delikatesse. „Ein Ei haue ich mir nur drüber, wenn ich mal weniger gefunden habe.“

In „Großmutters Sammeltips - Pilze richtig bestimmen, sammeln, zubereiten“ von Edmund Michael, dem Pilz-König des Vogtlandes (1. Aufl. Auerbach i. V. 1895, 4. Aufl. Berlin 1997, Signa) wird die Boehmische Trueffel geadelt, wie's ihr zusteht. Demnach ist sie „ein vortrefflicher Gewürzpilz“, mit dem wie folgt zu verfahren sei:

„Die äußere Hülle wird abgeschält, das Fleisch in Scheiben geschnitten und entweder in der Sonne oder auf dem Ofen getrocknet. Von diesen Scheiben bedarf man bloß eines Stückes, das mit Bratenbrühe oder der Suppe gekocht, derselben einen ganz vorzüglichen Geschmack verleiht, sie gleichzeitig aber auch tiefbraun färbt; zuviel genommen, würzt sie jedoch zu stark.“

Salami mit Böhmischer Trüffel - ein Verkaufsschlager

Die Verbreitungsgebiete der Böhmischen Trüffel lassen sich an einer Hand abzählen. In naturnahen Wäldern kommt der Pilz überhaupt nicht vor. Als typischer Halden- und Kippenpilz wächst er von Juli bis September an den Braunkohleabbruchkanten im südlichen Brandenburg (Niederlausitz), im südlichen Großraum Leipzigs sowie im oberen Vogtland (Sachsen). Sandig, steril und möglichst nachhaltig gestört, z. B. durch Bagger- und Hubarbeiten, soll der Boden sein.




«Im oberen Vogtlande und im nördlichen Teile Böhmens werden diese Pilze eifrig gesammelt und unter dem Namen 'Böhmische Trüffeln' verkauft. Sie werden daselbst auch zum Würzen der Wurst genommen.»

Edmund Michael in „Großmutters Sammeltips - Pilze richtig bestimmen, sammeln, zubereiten“ (s. o.)


In Süddeutschland gibt es ihn an verwittertem oder verwitterndem Schiefer im südlichen Schwarzwald und im Naturpark Frankenwald. Die Salami, die ganz wenige Metzger (Südschwarzwald und nördlicher Böhmerwald) mit dem Erbsenstreuling abschmecken, ist ein Verkaufsschlager.

Eine besondere Erfolgsstory schreibt der Erbsenstreuling bei dem bekannten Starkoch Alexander Herrmann.

Unweit Bayreuth, in Wirsberg (Oberfranken), bietet er seit 1978 die "Fränkische Schiefertrüffel" als "Kultprodukt" und als "einen der edelsten Botschafter der Region" in seinem gediegenen Bistro an. Als "Rahmsuppe" (13 Euro), als "Bratwurst mit Rahmkraut" (15 Euro) oder als "Zweierlei - Eine kleine Portion von beiden" (13 Euro) sind dies Pilzgerichte der Extraklasse. 


Foto: Halt, hierher! Eine dralle Böhmische Trüffel scheint nur darauf zu warten, dass Frank sie endlich einsackt. Nur keine Bange... Wie Goldnuggets liegen die Pilze bisweilen in der Nadelstreu.


Die kuriose Entdeckung des Erbsenstreulings

Das alles weiß Frank heute. Jedoch, das war nicht immer so. Der Mann, der zu DDR-Zeiten den „Prüfungs-Nachweis für Pilzkundige“ besaß, kannte die Boehmische Trueffel lange nicht. Die Begleitumstände, die zu ihrer Entdeckung führten, sind zum Schmunzeln.

„Es war wohl im Jahr 2003, als ich, weil es keine anderen Pilze im Juli gab, mal aus Frust so ein goldenes Ei mitgenommen und in der Literatur gesucht habe. Ich erwartete gar nicht viel. Als ich den Pilz dann bei den Autoren Henning/Kreisel als erstklassigen Würzpilz fand, dachte ich: 'Mensch, das gibt's doch gar nicht.'“


Foto: So sieht es aus, wenn Frank in den Haldenwäldern der Niederlausitz unterwegs ist: Sein großer Pilzbeutel aus Baumwolle ist ansehnlich gefüllt. Für den besseren Transport auf dem Motorroller hat er seine rotschwarze Umhängetsache dabei.


Gut vier Stunden hat die spannende Expedition in das geheimnisvolle Land des edlen Erbsenstreulings gedauert. Die Beute ist mehr als beachtlich. Auf dem Rückweg herrscht bereits Dämmerung. Rechter Hand gähnt das tiefe, riesige Loch der Baggerschaufeln, links zeichnen sich die Ränder der Kiefernwälder scharf gegen den dunkelnden Himmel ab.

Frank wirft einen letzten Blick auf die atemberaubende Kulisse und sagt: „Hoffentlich holzen sie diese Wälder nicht ab. Davor habe ich am meisten Angst.“ Dann mal aufsitzen, den Fahrtwind genießen – und sich schon mal auf ein hoch exklusives Pilzgericht freuen.


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