Buchbesprechung Pilzwerk
Schon wenn man das Buch erstmals ausgepackt in der Hand hält, ist es ein sinnliches Erlebnis: die Finger nehmen augenblicklich die Hochwertigkeit des Produktes am weich angerauten Hardcover-Einband wahr, streichen genüsslich wiederholt über den Deckel. Und man ahnt: dies ist ein exquisites Pilzbuch. Eines, das klar und erhaben über dem Einerlei der gängigen Bestimmungsbücher thront.
Um es vorweg zu nehmen: es ist ein Vermächtnis. Der Kunstmaler Hans Walty (1868 - 1948) hat über 400 Pilzaquarelle gemalt, so betörend fein, dass sie für Jahrzehnte das Bestimmungswerk für die Schweizer Pilzfreunde waren. Deren schönste und Geschichten erzählende Blätter hat Hannes Mangold als Herausgeber des Buches für uns wieder zum Leben erweckt.
Es ist grundsätzlich nicht leicht, über ein Buch zu urteilen, das von seinen Grafiken oder Illustrationen lebt, weil die Visualität die eigentliche Aussage des Buches ist. Dank Hannes Mangold, der seit Jahren zur Kulturgeschichte der Pilze forscht, können wir in die Tiefe des Lebenswerkes von Hans Walty herabsteigen und ganz viel dazulernen. Was die Pilzbestimmung, aber auch die kulturellen Zusammenhänge betrifft, in denen sich Pilze befinden.
Mangold hatte die farbenfrohen Aquarelle Waltys im Archiv der Schweizerischen Nationalbibliothek entdeckt, womit die Idee einer Veröffentlichung geboren war. Der Christoph-Merian-Verlag in Basel ließ sich auf das anspruchsvolle Projekt ein.
Um 1900 gab es eine Welle der Rückbesinnung auf die Natur, der sich auch der Maler, Restaurator und Zeichenlehrer Walty anschloss - und in die Welt der Pilze eintauchte. Über Jahrzehnte schuf er - trotz teils langer Krankheiten - über 400 Pilzaquarelle. Mit größtmöglicher Präzision malte er jeden Pilz in mehreren Ansichten und detaillierten Querschnitten; dafür kreierte er eine eigene Technik des mikroskopischen Zeichnens. Aus seinen Bildern spricht über die Farben- und Formenvielfalt auch eine spürbare Begeisterung für Pilze und Natur. So konnten sich Wissenschaft und Kunst auf das Schönste vereinen.
Foto: Ein Feuerwerk feinst nuancierter Farben, das ist bei Hans Walty der Purpurröhrling. Das Kunstwerk erstreckt sich im Buch wie sehr viele Tafeln über knapp 2 Seiten.
Ohne die Pilzart zu kennen, entdeckte Walty Ende Juli 1927 in der Nähe von Aesch im Birstal eine ganze Gruppe von ihnen, durch glücklichen Zufall in jeder Entwicklungsstufe.
"Was mir zuerst auffiel, waren die prachtvoll rosenroten, halbkugeligen Hüte der mittleren Exemplare. Kein nur rosa überhauchtes Tonblass oder Fahlgrau, sondern klar und deutlich der ganze Hut prachtvoll rosenrot, genau wie eine La France Rose, auch mit genau demselben samtartig leuchtenden Schimmer, grundverschieden von dem gemeinen Filz eines rosa-ziegelrot getönten Luridus."
(Aus: Schweizerische Zeitschrift für Pilzkunde)
Wer das liest, ahnt: Hans Walty konnte auch mit Worten malen. Tatsächlich verfasste er 1931 auch Beobachtungen über den Einfluss des Mondes auf das Pilzwachstum, legte 1932 eine akribische Analyse zu Steinpilzen und weitere Aufsätze vor. Das alles wurde in Pilzvereinen bis hoch in die Verbandsgremien geradezu verschlungen.
Foto: Auch das Aquarell zum Satanspilz ist eine Augenweide. Die Wiedergabe der Farben und der (Hut-)Formen ist beinahe unübertrefflich. Zu beachten sind auch die unscheinbaren, nichtsdestotrotz aussagekräftigen filigranen Bleistiftzeichnungen und Bemerkungen.
In die malerische Darstellung legte Hans Walty alles, was er in punkto Farbgebung, Stielcharakteristik, Huttypologie und Sporenanalyse herausholen konnte. Seine Aquarelle waren dermaßen präzise und dank seiner künstlerischen Gabe so anziehend, dass sie bis 1972 in erschwinglichen Taschenbüchern (Titel: Schweizer Pilztafeln) erhältlich waren und zum Standard der einfachen Pilzbestimmung für eidgenössische Pilzfreunde wurden.
Foto links: Neben Waltys Aquarellzeichnungen finden wir auch dieses Foto im Pilzwerk. Es zeigt Marktfrauen beim Verkauf von Pilzen 1935 in Bern. Das Bild verdeutlicht den Boom, den Wildpilze seit den schlechten Jahren des 1. Weltkriegs ausgelöst hatten. Pilze waren auf einmal ein "neues" Lebensmittel, das das Interesse vieler Menschen auf sich zog. Das kam der Herausgabe der Schweizer Pilztafeln zugute.
Foto: Velutipes curt. lautete der botanische Name für den Samtfußrübling zu Lebzeiten von Hans Walty. So hat er ihn auf seinem Aquarell genannt, wobei das Kürzel curt. für den englischen Erstbeschreiber William Curtis steht. Heute heißt der auch Winterrübling genannte schmackhafte Speisepilz Flammulina velutipes. Auch die hier zu sehende Tafel erstreckt sich im Pilzwerk über knapp zwei Buchseiten.
Foto rechts: Mit größter Akribie malte Hans Walty die Spitzmorchel. Man beachte die absolut naturgetreue Verknäuelung der Stielbasis bei dem großen Exemplar und das Innenleben des aufgeschnittenen.
Auf Mangolds sehr erhellende Einleitung folgen die Pilztafeln, gegliedert in vier Blöcke:
1. Essbar
2. Ungeniessbar, Nicht giftig, Unschädlich, Nicht essbar, Wert?
3. Verdächtig
4. Giftig
Hinzu kommt ein Fachaufsatz von Nicolaus Küffer: Das Reich der Pilze, in dem er betont, dass der Kunstmaler - im Gegensatz zum Fotografen - eine Pilzart "in den unterschiedlichen Entwicklungsstadien und in einem Idealzustand" abbilden könne, was zur Pilzbestimmung bis heute von Vorteil sei.
Im Kapitel Fungi Bilical versucht die japanische Künstlerin Ishita Chakraborty, einen sehr persönlich gehaltenen Bogenschlag von Hans Walty zur zeitgenössischen Kunst zu finden, die sich Pilzen widmet.
Selbstverständlich fehlt es nicht an einem Überblick zu den Lebensdaten von Hans Walty, der erstaunlicherweise erst mit Mitte 40 mit dem Malen von Pilzen begann.
Das elegant gestaltete und nachhaltig produzierte Buch Pilzwerk ermöglicht eine Wiederentdeckung von Hans Waltys Schaffen und erlaubt planvolles Suchen ebenso wie planlosen visuellen Genuss kunstvoller Pilzwelten in leuchtender Farbpracht. Es kategorisiert die Pilze und bietet erstklassige Informationen zur Bestimmung.
Der volle Wert des Buches aber liegt im Schlüssel, der uns die Tür zu wissenschaftlicher Kunst und künstlerischer Forschung öffnet. Welches Aquarell wir auch immer betrachten, wir fühlen uns von liebevoller Hand hingezogen zu tiefer Naturverbundenheit, in der Pilze mit ihrer Aura und Magie eine faszinierende Rolle spielen. Deshalb ist das Genussbuch Pilzwerk von Hans Walty und Hannes Mangold ein Vermächtnis und erhält von uns sogar die Note Eins mit zwei Sternchen.
Note 1**
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Trockene Wälder, wochenlang kaum oder gar keine Pilze... Das muss nicht sein! Mit der vorzüglichen Pilzbrut von Hawlik hat das ein Ende. Wie wäre es zum Beispiel mit köstlichen Limonenpilzen?
Ausgefallene Pilzgerichte wie Kaffee mit Reishi, Steinpilze im Kichererbsen- und Kartoffelpürree, Sammel- und Gesundheitstipps und vieles mehr: Hier geht's zum genussvollen Stöbern in Wohlrabs Pilzreich
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