"Pfifferlinge lieben die Morgensonne"

Seit 70 Jahren durckkämmt Ehrenfried Debus das Rothaargebirge nach Pfifferlingen - Enkel Kevin folgt ihm mit aller Leidenschaft nach




Pfifferlinge sind seine Lieblinge. Pilzkundlich, versteht sich. Und so war es eine schwere Geduldsprobe in den Herbstwochen der Jahre 1964 und 1965. Ehrenfried Debus baute damals sein stattliches Haus in der Gehnbergstraße im hessischen Wallau.

„Jedes Mal, wenn ein Bekannter mit ein oder zwei Körben voller Pilze an meiner Baustelle vorbeikam, blutete mir das Herz. Ganz schlimm war es, wenn mich dann noch Pfifferlinge anlachten. Denn während meines Hausbaus ging nichts im Wald. Mensch, war das trostlos damals.“

Verhindert zu sein in den schönsten Wochen des Jahres, das war hart für den Modellbauer. Ehrenfried Debus stellte Formen her, vor allem für Automotoren.



Foto links: Ein Spankorb voller Pfifferlinge für Ehrenfried Debus und Enkel Kevin: Die zwei Waldläufer und Pilzsammler wissen auf den Meter, wo sie wachsen. Den Waldabschnitt auf diesem Bild zerstörte der Orkan „Kyrill“ 2007 allerdings brutal. Nur allmählich erholen sich die Pifferlingsbestände.




Das Leiden ist lange vorbei, und wenn heute die Zeit der Pilze da ist, gibt es für ihn nur eines: raus und los, nur weg. Wenn er man nur erst im Wald wäre... Mit nimmermüdem Elan durchkämmt er die Hänge und Täler des südlichen Rothaargebirges.




Zur Fortsetzung des Porträts über Ehrenfried Debus

Wo die Pfifferlinge "Kuraschken" heißen - Volkstümliche Namen für den Lieblingspilz der Deutschen

Herrliche Pfifferlings-Gerichte von Brigitte Debus

Pfifferlinge konservieren - ohne Geschmacksverlust




Topfit durchstreift der 1937 Geborene seine geliebten Wälder

Und das will was heißen. „In unseren Wäldern gibt es keine ebenen Flächen, hier hat man nur die Alternative: hoch oder runter.“ Bergauf, bergab führen ihn die oftmals Kräfte raubenden Wege, die ihm in seiner Kindheit die Eltern zeigten.

Mit ihr, einer Schneiderin aus Rinneck im Spessart, und ihm, dem kriegsversehrten Handformer, hatten sich wahrhaftig die Richtigen gefunden: „Pilze waren das Ein und Alles für meine Eltern.“




Sein Vater, erinnert sich Ehrenfried Debus, „sammelte nur Röhrlinge, Pfifferlinge und Champignons. Letztlich war es meine Mutter, die die breite Pilzkenntnis aus dem Spessart mit nach Wallau brachte.“ Außerhalb der Pilzzeit galt die Hingabe der Eltern den eigenen Bienenvölkern und Rassehühnern.

Als Ehrenfried Debus, der 1937 geboren wurde, vier Jahre alt war, brannte er bei einem Kindergartenausflug durch. „Ich habe mich weggestohlen und bin in eine Hecke geschlüpft. Aus meinem Versteck habe ich die anderen beobachtet. Als sie weg waren, habe ich lieber alleine Entdeckungen gemacht. Von dem Tag an musste ich nicht mehr in den Kindergarten.“


Foto: Pfifferlinge in aller Pracht. Sie gelten nördlich des Mains als rückläufig. Ehrenfried Debus will diese These nicht bestätigen: „Ich finde Pfifferlinge jedes Jahr. Das Jahr 2011 hat sämtliche Rekorde gebrochen. Ich kann mich nicht erinnern, jemals so viele und vor allem so große die ganze Pilzsaison hindurch gefunden zu haben.“


Kein Bissen aus der Pilzpfanne - da weinte er

Bald folgte ein Erlebnis, das seine Passion für Pilze für sein ganzes Leben zementieren sollte. „Ich war fünf, als mein Onkel einmal eine ganze Pfanne Pilze alleine verputzte. Mir standen die Tränen in den Augen, ich konnte meinen Schmerz kaum verwinden. Wie gerne hätte ich nur einen kleinen Rest davon bekommen. Denn schon damals aß ich Pilze für mein Leben gern.“

Schon als kleiner Junge habe er Körbe voll ganz alleine aus dem Wald heruntergetragen. Dabei habe ihm zusätzlich ein Pilzbuch geholfen, das der verständnisvolle Vermieter der Familie Debus geliehen habe.

Noch immer voller Stolz erzählt Ehrenfried Debus: „1961, ich war 23 Jahre alt, habe ich so viele Hallimasch vom Gehnberg heruntergeschleppt, dass wir den ganzen Keller mit den eingekochten Gläsern vollpacken konnten.“


Foto: Ehrenfried Debus freut sich über eine Hand voll „Eierschwammerl“. Das Gelände, in dem er sie fand, charakterisiert gut seine Fundstellen: Sie wachsen im „Stangenholz“, wie man in Niedersachsen sagt, oder, wie es Debus ausdrückt: „In den Rauschen.“ Das sind nachwachsende junge Rotbuchen. Die Pilze stehen im lockeren Boden, der vom Laub alter Buchen bedeckt ist.


Im Hainbachtal, das beinahe vor der Haustüre liegt, kennt Debus sprichwörtlich jeden Baum. Manchmal aber arteten die Touren in regelrechte Gewaltmärsche aus. Denn es reizte ihn immer wieder, tief in die endlosen Wälder des Rothaargebirges einzudringen.





„Ein guter Pilzsammler holt die Pilze ab, wenn er sie haben will“

Er habe jedoch immer systematisch gesucht: „Baum- und Straucharten, Unterbewuchs, Licht- und Feuchtigkeitsverhältnisse lassen Schlüsse auf das Vorkommen bestimmter Arten zu.“ Wie von selbst versteht sich, dass er als Pilzsucher auch für Kräuter immer ein waches Auge und ein Plätzchen im Korb übrig hat.

Ehrenfried Debus ist zu der Erkenntnis gelangt, dass es bei der Pilzsuche mehr oder weniger darum gehe, „Pilze immer dann holen zu können, wenn man sie haben will“. Wie oft schon, wenn Ehefrau Brigitte ein bestimmtes Pilzgericht zubereiten wollte, „bin ich losmarschiert und habe mit passablem Aufwand exakt gefunden, was ich gesucht habe“.

Er erinnert sich: „Einmal wollte ein Bekannter unbedingt zum nächsten Mittagessen Parasolpilze haben. Weil ich am nächsten Morgen arbeiten musste, bin ich abends um zehn mit einer großen Taschenlampe los. Die Pilze standen da wie die Orgelpfeifen. Im Dorf sind sie fast in Ohnmacht gefallen. Für mich war das aber ´ne klare Sache.“


„Steinpilze schätze ich nicht sonderlich“

Wer nun glaubt, Ehrenfried Debus sei der klassische Steinpilz-Sammler, der irrt. Ganz selbstbewusst tritt er der Übermacht der Steinpilz-Liebhaber entgegen.

Er sagt: „Steinpilze schätze ich nicht sonderlich. Geschmacklich finde ich sie keinesfalls herausragend. Vor allem aber verhindern sie Vielfalt im Pilzkorb und damit andere Pilzgerichte. Gerichte mit Pilzen, die den Steinpilz geschmacklich übertreffen.“





Foto links: Goldgelb lacht es aus dem Laub: Da kniet Ehrenfried Debus gerne nieder, um seinen Spankorb mit Pfifferlingen vollzubekommen.







Als bei einer Betriebsfeier einmal das Thema auf Pilze gekommen sei und die leitenden Angestellten allesamt nur von Steinpilzen geschwärmt hätten, da habe er nicht an sich halten können.

„Wissen Sie eigentlich, was Sie damit alles verpassen?“ habe er selbstbewusst in die Runde gefragt. „In unseren Wäldern gibt es so herrliche andere Pilzarten. Wenn Sie die einmal gegessen haben, dann lassen Sie Ihre Steinpilze stehen.“ Krause Glucken zum Beispiel, Parasolpilze, Totentrompeten, köstliche Täublingsarten.


Wegen eines einzigen Pfifferlings konnte er nicht schlafen

Und, natürlich, ganz vornweg, Pfifferlinge. Die haben es ihm angetan, für sie macht er Kilometer. Auf eines seiner besten Pfifferlings-Terrains war er dennoch eher zufällig gestoßen: „1973 habe ich bei einem Spaziergang an einem Sonntagnachmittag einen einzigen Pfifferling einen Abhang hinunter entdeckt. Die ganze Nacht konnte ich kaum schlafen.

Am nächsten Morgen bin ich gleich in aller Herrgottsfrühe los. Da fand ich dann, was ich geahnt hatte: Viele, sehr viele Pfifferlinge. Damals dachte ich gleich, dass das für mein ganzes Leben ein traumhaftes Revier werden könnte.“ Er sollte sich nicht irren.

Nach nunmehr fast 70(!) Jahren leidenschaftlicher Suche mit besonderem Ehrgeiz für Pfifferlinge ist Debus sicher: „Pfifferlinge bevorzugen lichte Hänge, die nach Osten weisen. Sie lieben die Morgensonne und -wärme.“

Fünf Pfifferlingsplätze gehören zum Besten, was ihm die Wälder seit Jahrzehnten bieten. Und einer, der jeden Quadratmeter Ernteplatz kennt, ist immer dabei: Enkel Kevin.


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