Der Pilzsucher Armando Hübscher
wurde »in die Pilze hineingeboren«



Armando Hübscher ist ein Pilzsucher mit einem seltenen Werdegang und ebenso außergewöhnlicher Pilzpassion. Der Schweizer wurde in glücklichste pilzkundliche Umstände hineingeboren. Dieser Grundlegung in frühester Kindheit verdankt er seine heutige Reife. Sie ermöglicht ihm eine verfeinerte, ausgesprochen professionelle Suche.

Hübscher wurde 1946 mitten in ein Pilzparadies hineingeboren. In Eschenbach bei Birmenstorf im Kanton Aargau wuchs er auf einem Einzelhof in waldreicher Gegend auf. Direkt am Waldrand. Sein Vater, Wilhelm Hübscher, hatte von 1939 bis ca. 1963 gedörrte Steinpilze im Restaurant verkauft.

„Wir Kinder mussten schon früh, also mit 6 Jahren, mithelfen, die Pilze zu suchen und sie verkaufsfertig zu machen. Sie also putzen und klein schneiden. Jeden freien Tag mussten wir in den Wald. Wir gingen entweder direkt in den Wald und kamen rund sechs Stunden später zurück. Oder wir nahmen den Bus.“


Foto: Eine Kindheit am Wald und im Wald hatte Armando Hübscher. Auf diesem einsamen Hof, der zum Dorf Eschenbach gehörte, wuchs er mit seinen Geschwistern auf. Schon als Kleinkind kam er mit Pilzen in Berührung.


„Mit zehn Jahren kannten wir schon 50 Pilzarten“

Die anfängliche Pflicht wurde immer mehr zum Spaß. Als zehnjährige Pilzsucher kannten die Hübscher-Kinder bereits rund 50 Sorten. Armando: „Mit unserem Vater hatten wir einen sehr grossen Kenner der Mykologie. Schrittweise und systematisch führte er uns in die Pilzwelt ein.“

Bis etwa 1950 war der Vater stets mit dem Fahrrad in die Pilze gefahren. Die Strecke zum Verkauf eingerechnet, seien das oft bis zu 50 Kilometer an einem Tag gewesen. Hinzu kam noch der Weg, um die Steinpilze zu konservieren: „Denn die aufbereiteten Pilze fuhr mein Vater in ein zehn Kilometer entfernt liegendes Wasserkraftwerk, wo sie in der heißen Turbinenluft getrocknet wurden.“

Da sich Wilhelm Hübscher schon immer für die gesamte Mykologie interessierte, deckte er sich nach und nach mit allen möglichen Pilzbestimmungsbüchern ein.


Hübschers Tipps: Wie Du systematisch lernst, Pilze zu bestimmen


Fachaufsätze und Einsätze bei Vergiftungen

1945 war der Vater dem lokalen Pilzverein Baden, Kanton Aargau, beigetreten, dessen Vorstand und Technischer Kommission er schon bald angehörte. Für die „Pilzzeitung Schweiz“ verfasste er zahlreiche Artikel. Wie der Vater, so gehörte auch die Mutter der Technischen Kommission an und war wie er geprüfte Pilzkontrolleurin.

„Dann studierte Vater an der Universität Mykologie (Pilzkunde) und lernte dort auch die Pilze unter dem Mikroskop kennen. Die ganze Familie saß abends in der Stube zusammen, um unter Anleitung des Vaters die Mykologie von Grund auf kennenzulernen.“

Der Vater, der natürlich geprüfter Pilzsachverständiger war, habe zudem die Gabe besessen, die Pilze in den Technischen Kommissionen oder in Vorlesungen „schön klar vorzustellen. Alle wichtigen Details erklärte er eingänglich“. Mit Hilfe des Mikroskops sei es ihm gelungen, Unbekanntes neu zu entdecken, indem er diverse Chemikalien eingesetzt habe.




Der Vater hielt Pilz-Vorträge an der Universität

Aufgrund seines fundamentalen Wissens wurde Wilhelm Hübscher auch bei akuten Pilzvergiftungen im Krankenhaus hinzugezogen. Er war Spezialist für die Frage, an welcher Pilzart sich der Patient vergiftet haben könnte und welche Gegenmaßnahmen am besten zu ergreifen seien. Später, im Alter, hielt der Vater Fachvorträge an der Universität.



Foto links: Nachruf der Vereine für Pilzkunde Baden-Wettingen und Zürich in der Wettinger Zeitung auf den Tod von Wilhelm »Willy« Hübscher im Februar 1980. Das Blatt würdigte nicht nur Hübschers herausragende Pilzkenntnis, sondern »einen stillen, bescheidenen Schaffer, der mit seinem Wissen nie prahlte«. Dafür gab er es an seine Kinder weiter. Heute profitieren davon auch die Enkel.




Die Mutter malte naturgetreue Pilzbilder

Bevor die Farbfotografie aufkam, wurden die Pilze mit Farben gezeichnet. Armando Hübscher: „Hierin hatte meine Mutter eine besonders feine Hand. Eine Gabe, die sie anspornte, Pilze naturgetreu, vor allem farbgenau zu malen.“ Die authentischen Zeichnungen dienten der Kommission zur Bestimmung.

Mit 12 Jahren begann der kleine Pilzsucher Armando, die Pilze nach Farbe und morphologischen Gesichtspunkten (Formen und Strukturen des Pilzorganismus) zu studieren.

„Es war auch für uns Kinder schon wichtig, die Sporen zu analysieren, um so den Pilz genauer bestimmen zu können. Die lateinischen Namen lernten wir noch nicht intensiv. Und zwar deshalb nicht, weil etliche Pilze oft noch die Gattungen wechselten und sich die lateinischen Namen deshalb änderten.“

Weil Vater und Sohn trotz des großen Artenaufkommens in dem örtlichen Verein bald keine Herausforderung mehr sahen, traten sie dem Pilzverein Zürich bei. Danach besuchte Armando Hübscher zur weiteren Vertiefung viele Vorlesungen über die Mykologie und besuchte Fachkurse.




Viele neue Arten für den Speiseplan

Doch keine Frage, das bei soviel wissenschaftlichem Interesse immer auch genügend Pilze für die eigene Küche abfielen. Viele neue Arten fanden Zugang in den Speiseplan der Familie Hübscher.

Es war vor allem ein Pilz, der dem Vater als unübertreffliche Köstlichkeit hängen blieb: <em>Hygrocybe punicea</em>, Grösster Saftling oder Granatroter Saftling. „Dieser Pilz war unbestritten seine Nummer eins. Er wächst auf dem schweren, feuchten Boden nördlich ausgerichteter Wiesen.“ Heute ist der Granatrote Saftling, wie alle Saftlinge, streng geschützt.

Armando Hübscher selbst mag vor allem in Essig eingelegte Pilze: „Sie sind delikat und halten rund vier Jahre.“

Seit seiner Kindheit findet er seine Pilze in den weitläufigen Wäldern der Region. Natürlich liegt ihm daran, auch seine jugendlichen Kinder (15 und 17 Jahre) für Pilze zu gewinnen. Schon im Kinderwagen mussten sie mit in den Wald, die Pilzsucher von morgen, um die Pilzluft zu inhalieren...

Als sie endich so weit waren, erörterte ihnen Armando Hübscher an Ort und Stelle Aufbau und Merkmale der gefundenen Pilze. Unbekanntes nahmen sie mit nach Hause, wo sie ihre Kenntnis mit Hilfe ihrer Fachbücher vertieften. So ist es auch heute noch. Mittlerweile sind die Kinder so weit, dass sie die Wälder je nach Pilzvorkommen in „Bezirke“ aufteilen.

Die Königsdisziplin: Welche Pilze wachsen wann wo und warum?

Das ist genau die Richtung, in die Armando Hübscher die jungen Pilzsucher weisen möchte. Denn die von den Kindern entworfenen „Pilzbezirke“ haben jeweils ganz unterschiedliche Beschaffenheiten in puncto Boden, Bäume, Sträucher, Gräser und Blumen. In Abhängigkeit davon bringen sie ganz unterschiedliche Pilze hervor.

„Das ist die Königsdisziplin, die für mich als Pilzsucher entscheidend ist. Auf diesem Niveau suche ich heute Pilze“, sagt Armando Hübscher. „Genau so wie die Pilze selbst interessieren mich ihre Standorte. Mykorrhizapilze, also an feste Feinwurzelsysteme von Pflanzen gebundene Pilze, sind faszinierend.“

Welche Gattungen bringt dieser oder jener Fundort hervor? Wann und wo und aus welchem Grund wachsen Pilze hier ja, dort aber nicht? "Wenn man weiß, welche Pilze man in einem unbekannten Wald wo und wann erwarten darf, ist man weit gekommen“, sagt der meisterliche Pilzsucher Armando Hübscher.


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