Buchbesprechung Pilze zum Geniessen
Was tun, um aus dem Reigen der unzähligen Pilz- und Pilzbestimmungsbücher herauszuragen? Pilze kann man schließlich nicht neu erfinden, und ihre Darstellung auch nicht. Oder etwa doch?
Mit Pilze zum Geniessen ist Rita und Frank Lüder ein kleines Meisterwerk gelungen. Hier wurde kein wissenschaftlich-nüchternes Nachschlagewerk geschaffen, von denen es vermutlich tausende gibt. Nein, dieses Buch geht weiter als nur bis zu der Stelle, an der unsere Steinpilze wachsen. Es zeigt uns ganz andere, kaum bekannte praktische Verwendungsmöglichkeiten von Pilzen.
Etwa dass Pilze Modeschmuck und Zierat sein können, dass man dank ihnen Seidenschals und Wolle wunderschön färben kann, ja sogar, dass man aus ihnen Papier schöpfen kann. So wird der Umgang mit Pilzen zu einem kreativen Vergnügen für die ganze Familie.
Doch keine Bange, auch der klassische Pilzsammler - und vor allem der Einsteiger - kommt in Pilze zum Geniessen nicht zu kurz. Im Gegenteil! Denn beim Blättern und Stöbern werden selbst Fortgeschrittene noch auf viel Neues stoßen.
Foto rechts: Die inneren Einbandseiten zeigen uns die im Buch vorgestellten Pilze mit schönen handgemalten Illustrationen. Sie sind mit dem deutschen Pilznamen und der Seitenzahl aufgeführt. Das ermöglicht es, unsere Pilzfavoriten flink und bequem zu finden.
Die Pilze werden wissenschaftlich exakt porträtiert - und strahlen doch die ihnen eigene Magie aus
Jede Pilzart hat Rita Lüder mit einer Illustration
porträtiert. In dieser Ausgangsidee liegt wohl das Geheimnis der starken
Anziehungskraft des Buches: von Hand gemalte Pilze haben immer etwas
Wesenhaftes – und weisen so ins Märchenhafte, Mystische. Das spiegelt schön das Rätselhafte, Geheimnisvolle an der Welt der Pilze wider, die sich uns auf 240 Buchseiten wunderbar entfaltet.
Die Pilzporträts finden wir in der Regel auf den linken Buchseiten. An deren Außenkanten läuft stets eine Fotoleiste mit bis zu acht Bildern herab. Sie sind von großem Wert, weil sie sich auf die wirklich entscheidenden Bestimmungs- und Habitatmerkmale konzentrieren. Hier gibt es nichts Überflüssiges, hier wurde kein Foto umsonst ausgewählt, hier wurde äußerst sorgsam konzipiert und unverwechselbar veranschaulicht. Siehe beim nachfolgenden Seitenabdruck die Herbsttrompete.
Auch der Text lässt keine Wünsche offen. Viel Neues erfahren wir. Zum Beispiel, dass der Rehbraune Dachpilz am Übergang Stiel/Hut eine "Sollbruchstelle" hat; ein unverkennbares Merkmal.
Oder dass wir vom Rauchblättrigen Schwefelkopf (angenehm mild) zur Abgrenzung gegen den Grünblättrigen (bitter) beruhigt eine Geschmacksprobe im Wald nehmen können, vorausgesetzt, wir haben beide sicher vom sehr giftigen Nadelholzhäubling unterschieden.
Oder dass der köstliche Brätling auch während Trockenperioden wächst, wenn alle anderen Pilze unter der Erde ausharren, sofern sie nicht bereits zu Staub verfallen sind.
Die rechte Buchseite erweitert in aller Regel das Wissen über den links gezeigten Pilz. Auf diesen Seiten finden wir demgemäß Kapitel wie „Pilze bei Kiefern“ (Edelreizker) oder "Säureanzeiger" oder "Wo kommen nur all diese Namen her?".
Mit Pilzen Wolle färben und Straßenkreide herstellen
Alternativ stoßen wir an dieser Stelle auf originelle Kochrezepte (siehe Foto rechts), auf ökologische Themen oder auf
vielfältig Wissenswertes, was in der Nähe zum betrachteten
Pilz steht. Hier wird tief und kreativ in die Schatzkiste der Erkenntnis
gegriffen: „Wie alt werden Pilze?“ oder „Wiesenchampignons, immer
seltener?“ oder „Die beste Sammelzeit“ sind nur drei von unzähligen Betrachtungen. Es sind Fragen und Erörterungen, die uns Pilzsammlern unter den Nägeln brennen.
Vor allem aber, und das macht nun wirklich den exklusiven Wert des Buches aus, lernen wir Pilze mit ganz neuen Verwendungsarten kennen. Welch ein Füllhorn der Möglichkeiten schütten die Autoren über Pilzkinder aus! Sie - wir(!) - lernen, wie man Straßenkreide oder Papier aus Pilzen gewinnt, dass man attraktiven Schmuck oder herrliche Gestecke aus Pilzen fertigen kann oder dass man mit Farben, gewonnen aus Pilzen unserer Wälder, Seidentücher und Wolle auf das Schönste färben kann.
In dieser für uns neuen, bunten Welt vielfältiger Einsatzmöglichkeiten von
Pilzen kommt jedoch das Interesse des "auf Küche" sammelnden
Pilzfreundes immer wieder zu seinem Recht. So erfahren wir zum Beispiel,
wie die Finnen ihren "Nationalpilz",
den Rotbraunen Milchling, entbittern und zu köstlichen Gerichten
verwerten.
Ein willkommener Service sind
die Illustrationsdoppelseiten mit kleinen Pilzbildern und Seitenzahlen
gleich hinter den Buchklappen; über die hier angegebene Seitenzahl
finden wir flink und bequem zu unseren Favoriten. Eine zweiseitige
Tabelle führt auf, für was man diverse Pilze verwenden kann: Malen,
Färben, Gesundheit, Küche, Kreativität. Zum Dienst am Pilzfreund zählen
auch Literaturempfehlungen, Internetadressen und Bezugsquellen, ein kleines
Glossar mit der Erklärung von Fachausdrücken, Pilzmerkmalgrafiken sowie
eine grafische Übersicht „Reich der Pilze“.
Bild rechts: Nachdem die Autoren auf der vorhergehenden linken Buchseite "Porlinge zum Färben" vorgestellt haben, geht es auf der hier abgebildeten folgenden Seite ans Werk. "Färben von Wolle und Seide", heißt es nun. Die schönen fliederfarbenen Töne liefert im übrigen der Zimtfarbene Weichporling. Dem Färben voran geht das Beizen. Wie man es macht, wird genau beschrieben.
Kleiner Verlag, großes Plus
Das
Buch Pilze zum Genießen ist die bibliophile Krönung eines
jahrzehntelangen pilzbegeisterten Lebens und Publizierens der Autoren.
Rita und Frank Lüder sind mit ihren Pilz- und Naturbüchern und ihren
Seminaren alles andere als unbekannt. In dieses Buch aber haben sie alles hineingelegt:
ihr umfassendes Fachwissen, ihre Erfahrung, ihre pädagogische Gabe und
schließlich ihre spürbare Begeisterung für Pilze und ihre magische
Ausstrahlung sowie ihr Wissen über deren vielfältig bunte
Verwendbarkeit.
Man ahnt, welchen zeitlichen Aufwand
allein die Konzeption dieses Buches kostete. Man ahnt es deshalb, weil
mit sicherem Griff die je notwendigen Themen und die fein verzweigten
Seitenthemen einer Pilzart, -familie oder -gattung ins Buch gehoben
wurden. Und man ahnt es auch deshalb, weil die Autoren mit langen Armen
nach
weit entfernten Themen im Pilzreich angelten, die mit ihrem kreativen
Inhalt die Unerschöpflichkeit des Pilzkomplexes und der Pilzverwendung
deutlich machen.
Wie gut, dass dieses Buch nicht in der Zwangsjacke eines großen dominierenden Verlages entstand. So konnte es in dem kleinen unbekannten Kreativpinsel-Verlag in aller Ruhe wachsen und gedeihen. Der versteckt sich im niedersächsischen Neustadt am Rübenberge. Vielleicht benötigt ein solches Buch die abgeschieden-inspirierende Umgebung von Wäldern und Mooren, Marschen und Heideflächen.
So konnte Pilze zum Geniessen werden, was es geworden ist: eine kleine Pilzakademie, eine Naturlehre, eine Kreativ- und Poesieschule in einem einzigen Buch. Es wird ein Pilzbuch, in dem so vieles und so viel Reife und so viel Duftiges steckt, so schnell nicht wieder geben.
Hierfür erhält Pilze zum Geniessen ohne Wenn und Aber eine Eins mit Sternchen:
Note 1*
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Dec 05, 24 03:08 AM
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Nov 19, 24 03:02 AM
Nov 17, 24 03:17 PM
Trockene Wälder, wochenlang kaum oder gar keine Pilze... Das muss nicht sein! Mit der vorzüglichen Pilzbrut von Hawlik hat das ein Ende. Wie wäre es zum Beispiel mit köstlichen Limonenpilzen?
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