Für die Maronenroehrlinge gab
es einen herrschaftlichen Ofen



Ein großer Freund der Maronenroehrlinge ist auch Peter Rohlands Sohn Torsten. 1971 geboren, wurde er vom Vater beizeiten in den kleineren Wäldern um Blankenheim im Pilz-ABC unterwiesen.

Später dann, als er Kochlehrling auf der Schachtanlage Niederröblingen war, erkundete er auf eigene Faust neue Reviere. Und entdeckte während einer seiner Waldexpeditionen auch das fruchtbare Land, das ihnen Jahr für Jahr Steinpilze und Maronenroehrlinge beschert.

Torsten ist ein weit gereister junger Mann. So war er auf der Fregatte „Bremen“ bei einem dreimonatigen Törn nach Süd- und Mittelamerika verantwortlich für die Pantry. Er sagt: „Das war gewiss ein Highlight. Aber für mich gibt es kaum Schöneres, als Steinpilze und Maronenroehrlinge zu suchen.“


Foto: Opa, Enkel, Vater (v. re.): Mit drei Generationen gehen die Rohlands inzwischen auf Pilzsuche. „Die Leidenschaft springt automatisch auf den Kleinen über", ist Peter Rohland sicher.


So wandelt er auf den Pfaden des Vaters und der Großmutter väterlicherseits. Darf man sich da nicht ausmalen, wie sie wohl zufrieden lächeln würde, sähe sie ihn auf seiner Lese? Und nicht nur ihn. Denn längst geht auch Enkelkind Nils mit, der 1996 geboren wurde.


Mit drei Generationen auf die Pilzsuche

„Das sind zwar erst zaghafte Anfänge. Aber klar ist, dass er die wesentlichen Arten kennenzulernen beginnt und später einmal selbständig Pilze suchen wird. Der Sammeltrieb kommt von alleine. Ich kenne das. Die Leidenschaft springt von den Eltern wie automatisch auf die Kinder über“, ist sich der Großvater sicher.

Peter, Torsten und Nils, die drei Rohlands aus Sangerhausen, sie bewahren mit ihrer Leidenschaft für Pilze das Erbe der Alten.

Alles wird gewissenhaft verarbeitet: „Früher haben wir Steinpilze und Maronenroehrlinge zum Trocknen aufgefädelt. Seit ein paar Jahren lassen wir sie scheibchenweise auf ausgelegten Pergamentpapierbögen trocknen. Manchmal nehmen tausende Scheiben Steinpilze und Maronenroehrlinge Schränke, Betten und die Fußböden ganzer Zimmer in Beschlag.

Oder wir kochen sie in Gläser ein. 25 Gläser Steinpilze für den Winter sind die Norm.“ So harren im Keller sowohl Steinpilze als auch Maronenröhrlinge auf Verzehr. Eine kulinarische Edelreserve für den gehobenen Anlass. Denn, so Peter Rohland, „dass wir nicht jeden Tag Steinpilze hoch holen, kann man sich ja denken“.


Foto: Rentnertreff mit Pilzen. Das alljährliche Steinpilzessen mit seinen ehemaligen Kollegen ist für Peter Rohland schon eine kleine Institution geworden. Dezent hält sich der Pilzsammler im Hintergrund. Die Mitteldeutsche Zeitung feierte Rohland als "Schwammerl-König von Blankenheim".


Jahrelang haben die Rohlands in Blankenheim fünf Morgen Land bestellt. Sie bauten Kartoffeln, Weiß- und Rotkohl, Zwiebeln, Porree, Sellerie, Gurken, Rote Bete, Meerrettich und Kräuter an. Bis zum heutigen Tage haben sie sich ihr intensives Verhältnis zu Vorräten und zur Vorratshaltung bewahrt.



Selbstversorgung steht ganz hoch im Kurs

Das Einkellern gekochter und das sorgsame Lagern getrockneter Pilze ist für sie selbstverständlich. Es hat auch damit zu tun, dass Ehefrau Waltraud früher ein Hotel führte und Küchenchefin war. „Da hat man gelernt, für Nachschub zu sorgen“, sagt sie.

Im Grunde hatte sie schon in ihrer Kindheit ein besonderes Verhältnis zu Küche und Herd. Das hat zum einen damit zu tun, dass sie in ihrer oberschlesischen Heimat säckeweise Fichtenzapfen sammeln musste. Mit diesen „Kienäpfeln“ wurde geheizt. Und auch damit, dass sie im Herbst schier endlose Stunden „Kartoffeln stoppeln“, also nachlesen musste.




Foto rechts: Nicht nur Röhrlinge, auch Hallimasch sind für Peter Rohland gute Speisepilze. Sie finden stets ihren Platz in den Mischpilzgerichten.




Das Sammeln von Pfifferlingen in den sandigen Kiefernwäldern bereitete da schon viel mehr Spaß. Die Früchte des Feldes und des Waldes erhoben die Gerätschaften, mit denen sie verarbeitet wurden, in den Rang von fürsorglich zu pflegenden Liebenswürdigkeiten.

So hat sie noch ganz konkret das Bild vom Inventar ihrer „Wohnstube“ im sächsischen Molbitz vor Augen. Hierhin hatte es ihre Eltern nach der Aussiedlung aus Oberschlesien auf Umwegen verschlagen. Im Ortsteil Rositz betrieben sie die „Dorfschänke“.

„In unserer Stube hatten wir einen Traum von einem Ofen, den wir mit Holz befeuerten. Er war unübertrefflich schön, einfach hinreißend. In meinem weiteren Leben habe ich keinen auch nur annähernd fantastischen Ofen mehr gesehen. Das Stück stammte aus einer Herrschaftsküche. Er war hoch wie die Wand, bauchig, bunt bekachelt und oben drauf befanden sich Zierfiguren.“


Bis heute hat sie den Verlust des Ofens nicht verwunden

„Der Ofen hatte zehn Wasserfächer und zehn Wasserhähne.“ Sein Markenname habe „Anthrazit“ gelautet. „Besonders hatten es mir die Bratäpfel aus seiner Röhre angetan. Die waren ein Gedicht, eine Sensation. Bis heute vermisse ich sie.“

Und Pilzgerichte habe ihnen dieser Ofen geliefert! „Wenn wir Steinpilze oder Maronenroehrlinge brieten, wie herrlich duftete da das ganze Haus“, schwärmt Waltraud.

Doch dann kam „die Dampfheizung“ auf, wie sie sagt. „Und einen Tag werde ich nie vergessen. Ich war 14 Jahre alt, als unser wunderbarer Ofen auf den Schuttplatz gefahren wurde. Was habe ich geweint, und was könnte ich auch heute noch heulen, wenn ich nur daran denke. Dieser Verlust war furchtbar.“

Einen ähnlich schlimmen Tag sollte sie noch einmal erleben. Und zwar nach der Zwangsschließung ihres von 1981 bis 1986 geführten Hotels „Wartburg“ in Blankenheim mit 39 Betten.


Foto: Im Gästezimmer der Rohlands sind auch Pilze herzlich willkommen. Vorne links trocknen Maronenröhrlinge, dahinter und auf dem Boden Steinpilze. Und Peter prüft, ob sie schon rascheln.


„Da hatten wir einen vier Meter langen Herd, ein wahres Prunkstück. Stundenlang habe ich darin eine ganze Hammelkeule wenden können. Und als wir das Hotel aufgeben mussten, da haben sie auch diesen Herd auf den Müll gebracht, solche Vollidioten waren das.

Die waren allesamt viel zu doof, um zu begreifen, dass ein solcher Herd mit keinem Geld der Welt zu bezahlen ist. Dass solch ein Prachtherd der Mittelpunkt von Familien über Jahrzehnte war und dass er deren Leben sichern half und prägte. Was hängen an einem Herd oder an einem Ofen doch für wunderschöne Erinnerungen.“

Erinnerungen an herrliche Pilzgerichte, Steinpilze und Maronenroehrlinge. Deren Düfte aus versunkenen Kindheitstagen jetzt, im Moment, einen ganz bestimmten, eigentlich doch für immer verlorenen geglaubten Sonntagmittag für Sekundenbruchteile unfassbar konkret und sinnesstark noch einmal heraufrufen.



Als ABM-Kraft durfte Rohland im Wald arbeiten

Die Hausherrin blickt aus dem Fenster, als suche sie etwas in der Ferne. Wurden nicht, wie Ofen und Herd den Häusern, so auch sie und ihr Mann den Dörfern entrissen, in deren nahen Wäldern sie einst so gerne ihre Pilze suchten?

Wenigstens ihre Leidenschaft haben sie mitnehmen können an den Stadtrand von Sangerhausen. So treibt es Peter Rohland immer wieder hinaus, obwohl doch die Vierzimmerwohnung, die sie im Plattenbau bezogen haben, urgemütlich ist.

Fast jedes Mal fährt er erst einmal in den geliebten Schrebergarten, den sie am Ortsrand von Blankenheim haben. Die Beete und Bäume rings um das Häuschen, das ist sein kleines Paradies. Hier kann er atmen, hier kriegt er Luft.

Und Lust. Auf einen seiner unverzichtbaren Waldgänge, die er ein Jahr lang sogar beruflich machen durfte. Als ABM-Kraft baute der gelernte Werkzeugmacher Holzbänke und Unterstände, schöpfte Schlamm aus versandenden Teichen, stellte Abfalleimer neben Bänken auf. Und brachte manchen Korb Maronenroehrlinge mit nach Hause.


Foto: Der Winter kann kommen: Eingeweckte Steinpilze und Mischpilze mit Maronen lagern im Keller der Rohlands. Die Vorfreude auf ein herrliches Pilzgericht steht Peter ins Gesicht geschrieben...


Diese Arbeit im Wald sei mit Abstand das Schönste unter den zehn Übergangs- und Notjobs gewesen, die er seit der Wende in ganz Deutschland angenommen habe.


„Ich stelle mich so hin und suche ab“

„Die Jahre seit der Wiedervereinigung waren ein einziger Verschiebebahnhof. Man kann auch sagen, da bin ich ein bisschen abgequalmt“, sagt Peter Rohland. Das muss einer auch erstmal wegstecken, der in seinen besten Jahren ein ausgezeichneter Zehnkämpfer gewesen war.

Manchmal macht Peter Rohland im Wald unverwandt Halt. Wie unbeteiligt steht er dann da, als hätte er mit der ganzen Sache hier draußen nichts zu tun. Dabei ist genau das sein Moment, auch wenn er ihn in noch so banalen Worten beschreibt: „Ich stelle mich so hin, und dann suche ich ab.“

Dann sind die Maronenroehrlinge gut beraten, sich vor seinem scharfen Blick und der scharfen Klinge seines Taschenmessers, in dessen Heft er seine Initialen graviert hat, gut zu verstecken.


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