Carolines Pilzpost
»Ich grüße Dich, Heinz-Wilhelm!
Seit
einigen Jahren lese ich nun schon von Zeit zu Zeit auf Passion
Pilzesammeln und im Pilzticker Baden-Württemberg, doch das Bedürfnis,
mich mal zu äußern, habe ich erst jetzt.
Pilze und das Pilzesammeln begleiten mich, seit ich denken kann. Meine Familie hat Wurzeln in Osteuropa und auch die umliegenden Wälder in der neuen Heimat in Deutschland wurden folglich als potenzielle Fundstellen erkundet. Bereits als Kind schickte mich mein Vater unter die nur wenige Meter hohen Kiefern, um Butterpilze zu finden, denn ich konnte mangels Körpergröße viel besser durch das dichte Geäst schlüpfen.
(Carolines Pilzpost)
Foto rechts: Caroline, von Beruf Ethnologin (Völkerkundlerin) und Ethnobotanikerin, hat Pilze, Baumrindenstücke und einen Fichtenzweig zu einem Mandala zusammengelegt. Übersetzt aus dem Sanskrit, heißt Mandala »Kreis«. Es ist ein auf den Mittelpunkt konzentriertes Schaubild, das in der Kultpraxis des Hinduismus und Buddhismus eine religiöse oder magische Bedeutung hat.
(Carolines Pilzpost)
Heute, über 30 Jahr später, sind dieselben Kiefern hochgewachsen und immer noch mein traditionelles Sammelgebiet. Als Kind begeisterte mich das mühsame Laufen im Wald wenig, heute verbringe ich sehr viel Zeit in den Wäldern und möchte oft überhaupt nicht zurück nach Hause in die »moderne« und »zivilisierte« Welt. Ich könnte mir gut vorstellen, allein im Wald zu leben...
Ich lebe existenziell sehr eng vom Wald, sowohl beruflich als Ethnologin bzw. Ethnobotanikerin als auch als Selbstversorgerin. Jagd und Pilze sammeln, aber auch das Sammeln von bzw. das Arbeiten mit Pflanzen und Baumharzen gehen als meine Themen und Tätigkeiten ineinander über. Das Jahr ist ein Kreis, in dessen Jahreszeiten eine Aktivität auf die andere folgt.
(Carolines Pilzpost)
Das forstliche Wüten nimmt kein Ende
Viele Kilometer lege ich im Jahr zurück, in altbekannten und in neuen Gebieten. Immer wieder beobachte ich dabei, wie datumstreu das Pilzwachstum in den Kiefernwäldern der Rheinebene und im Odenwald einsetzt, wenn mich die innere Unruhe packt, in die Pilze zu gehen. Und in der Ethnologie bzw. Völkerkunde haben auch ganz andere Pilze, wie etwa der Fliegenpilz, kulturelle Bedeutungen, so dass man sie aus dieser Perspektive noch einmal mit ganz anderen Augen bewundern kann.
Pilze faszinieren uns heute sicher nicht weniger als früher. Sie haben etwas Unwirkliches an sich, sie begeistern im wahren Wortsinn!
Über die Jahre habe ich leider auch viele Stellen durch das forstliche Wüten im Wald verloren und es nimmt kein Ende. Im Gegenteil, es wird es immer schlimmer und flächendeckender. In ganzen Tälern werden Pilzstellen aus Gier, Ignoranz und mangelndem Verantwortungsbewusstsein vernichtet. Es geht so weit, dass ich mich manchmal frage, wo ich in Zukunft meine Pilze noch sammeln soll.
(Carolines Pilzpost)
Und doch überraschen mich die Pilze immer: zwar sind manche Stellen offensichtlich unwiederbringlich verloren, an anderen erobern die Pilze ihren Raum jedoch erstaunlich schnell zurück - solange man ihnen diesen lässt.
(Carolines Pilzpost)
Unnötige Windkraftanlagen
War es früher »nur« das Asphaltieren von Sandwegen im Wald, das häufig alles an Pilzwachstum in einem Waldbereich veränderte, so sind es heute unnötige Windkraftanlagen und großflächige Naturzerstörung im Namen von Parteien, die vor einigen Jahren noch ganz anders dahergeredet hatten und die jetzt noch die letzten Naturräume opfern wollen. Wir brauchen auf der Gemarkung von Kronau und den Nachbargemeinden definitiv keinen Windpark!
Die Saison 2019 war, nachdem das Pilzjahr 2018 ja komplett ausgefallen ist, sehr spannend. Die Maronenröhrlinge in »meinen« Gebieten kamen eher verhalten, nur stellenweise, aber auf einmal reichlich. Anders als sonst, wuchsen sie aber nicht ungebremst überall und flächig. Ob die Dürre doch Schäden am Mycel hinterlassen hat, kann wohl kein Mensch sicher beantworten.
Insgesamt habe ich aber nicht nur dieses Gefühl, sondern es ist Tatsache, dass es 2019 viel mehr Pilze als sonst gab, mindestens doppelt soviele. Ich hatte schon früh im Herbst reichlich Parasole im Korb (vor denen man sich ja eine zeitlang kaum retten konnte), auch viele Wiesenchampignons und pünktlich im September wirklich reichlich Krause Glucken. Eine wahre Schwemme der Schopftintlinge kam hinzu.
Mit vielversprechenden Ankündigungen in der zweiten Septemberhälfte durfte ich wie immer Anfang Oktober wunderbare Funde von Steinpilzen im Odenwald machen. So viele gab es an dieser Stelle definitiv noch nie. Und sie waren fast gänzlich frei von Würmern! Diese besondere Stelle scheint, wie reichlich unüberständige Pilze jährlich zeigen, nur sehr wenig von Sammlern besucht zu sein.
(Carolines Pilzpost)
Am Pilzticker beteilige ich mich aber zugegeben mit meinen Sammelgebieten bewusst nicht, denn es lassen sich doch deutliche Beobachtungen machen: Regelmäßig wird hier zum Beispiel von guten Funden bei Kronau berichtet. Gleichzeitig waren meine eigenen Stellen bei Kronau lange gänzlich pilzlos geblieben.
So etwas bereitet mir jedoch keine Sorgen, denn ich habe genug Alternativen und die Pilze kommen in aller Regel trotzdem, nur später. Kronau gehört allerdings zu den am meisten mit Menschen überrannten Waldgebieten. Wie oft wurde ich dort schon auf Pilze angesprochen, weil es im Internet(!) steht. Ich muss dann meist darüber schmunzeln: falsche Zeit, falscher Ort!
Auch im Schwarzwald, wo ich einige Jahre lang jägerisch und auch pilzsammlerisch unterwegs war, ist in Sachen Pilzesammeln wahnsinnig viel los, so dass es mich dort nie wirklich so fest mit dem Pilzesammeln verwurzelt hat wie hier zuhause.
Anders herum fällt mir auf, dass manche Regionen und gute Gebiete kaum einmal in der Öffentlichkeit genannt werden. Und das ist, finde ich, auch gut so.
Dennoch geht mir das Herz bei Pilzticker-Fotos von Familien im Wald, die bedächtig sammeln und sich freuen, auf, ebenso wie bei Berichten von gleichgesinnten Menschen, die genauso wertschätzend wie ich für den Wald und seine Schätze empfinden.
Die medidative Kraft des Pilzesammelns
Es gibt keinen schönere Zeit, als die Ruhe des Waldes um sich zu haben, umgeben nur vom Rauschen des Windes, vom Lichtspiel in den Bäumen und von den Geräuschen fallender Blätter und Früchte. Pilzesammeln geschieht dann fast meditativ, mit lautlosen Schritten auf weichem Moos, unsichtbar im Schatten dunkler Nadelbäume.
Jeder einzelne Pilz bringt immer wieder Glücksgefühle mit sich, die sich nie abschwächen, sondern vielmehr bei jedem Fund stärker werden. Ja, ich gebe zu, dass ich meine Pilze im Wald auch nur noch »abhole«, weil viele Jahre und viele Wanderungen vorangingen und ich mir mein Wissen eben längst »erlaufen« habe.
Letztendlich suche ich gar nicht alle potenziell interessanten Stellen, welche ich über das Jahr so sehe, auf, weil meine altbewährten Plätze mehr als genug Ernte für mich möglich machen. Pilzesammeln ist dennoch immer wie ein »Sich-verlieren« in einer anderen Welt.
(Carolines Pilzpost)
Man möchte den fast irrealen Anblick der Pilze, die wie im Märchenbuch gemalt, aber physisch greifbar vor einem selbst, am Waldboden wachsen, viel mehr in sich aufnehmen, als das möglich ist. Dabei bin ich am liebsten allein.
Doch nicht allzu selten wird die Atmosphäre durch im Wald herumschreiende Menschen zerstört, die durch das Unterholz trampeln und brechen. Nicht selten sind sie schon lange davor durch den Geruch von Zigarettenrauch wahrnehmbar. Begegnet man sich, gibt es bitterböse Blicke, da mein Korb nie leer ist und ich meine Pilze zugegebenermaßen zumeist schon habe, bevor der große wochenendliche Ansturm auf die Wälder beginnt.
Es gibt keine besseren Tage als die mit strömendem Regen
Dann endet für mich die Sammelzeit, da man irgendwann nicht mehr ausweichen kann und bei vielen dieser Begegnungen weiß ich, dass diese Menschen eine echte Verbundenheit zum Wald und seinen Lebewesen nicht einmal erahnen können. Nur ganz selten treffe ich auf passionierte Sammler und kann aufschlussreiche Gespräche über das Lieblingsthema Pilze führen. Viele Male habe ich das gerade moderne »Waldbaden« schon sehr real in strömendem Regen gemacht, aber es gibt keine besseren Tage als diese, an denen sonst kein Mensch unterwegs ist.
Das Pilzesammeln ist eine wunderbare und wichtige Möglichkeit, das Bewusstsein für Natur zu stärken, denn nur was der Mensch kennt und liebt, das wird er schützen und bewahren.
Doch würde ich mir mehr Respekt und Achtung vor dem Wald wünschen statt des blindwütigen Losstürmens, weil es Pilze im Wald geben soll, und das kostenlos; ähnlich wie das Nüssesammeln. Aber ansonsten ist man nicht draußen und weiß nichts von der Natur.
Ich denke, Du trägst mit deiner Internetseite wesentlich dazu bei, dieses Bewusstsein zu stärken, Begeisterung zu entfachen und Traditionen fortzuführen.
Dafür ein DANKE und weiterhin viel Erfolg! Und weil die Pilze auch optisch nicht fehlen dürfen, habe ich noch vier Fotos mit angehängt.
Viele Grüße und viel Pilzsammlerglück von Irgendwo zwischen Rheinebene und Odenwald!
Caroline«
(4 Fotos © Caroline)
Anmerkung: Caroline sandte uns diese Nachricht bereits am 14. Oktober 2019. Wegen des exklusiven Inhaltes veröffentlichen wir sie - leicht überarbeitet und zeitlich angepasst - zur Weihnacht 2019. Vielen Dank für Deine tiefschürfenden Betrachtungen, liebe Caroline!
(Ende Carolines Pilzpost)
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Trockene Wälder, wochenlang kaum oder gar keine Pilze... Das muss nicht sein! Mit der vorzüglichen Pilzbrut von Hawlik hat das ein Ende. Wie wäre es zum Beispiel mit köstlichen Limonenpilzen?
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